Rückblick: Ein Public-History-Seminar unter etwas anderen Bedingungen

Im vergangenen Wintersemester 2020/21 fand in Kooperation mit dem Studiengang Public History der FU Berlin ein Master-Seminar unter der Leitung von Dr. Nina Reusch statt. Die Student*innen sollten sich vor allem mit konkreten Objekten aus den KZ Ravensbrück und Sachsenhausen beschäftigen und „Objektbiografien“ verfassen. Im Laufe der Vorbereitung änderten sich immer wieder die Bedingungen der Lehre, unklar war z.B. die Zugänglichkeit der Archive und Bibliotheken oder die Möglichkeit, Exkursionen durchzuführen.

Dabei stellten wir uns die Frage wie wir über die Materialität der Dinge sprechen können, wenn wir nur Fotos haben? Wie lassen sich ihre Geschichten recherchieren, wenn Bibliotheken und Gedenkstätten geschlossen sind? Und wie vermeiden wir es „sentimental“ zu schreiben? Diese und andere Fragen zu Recherchemöglichkeiten unter Pandemie-Bedingungen und zum Schreiben von Objektbiografien haben uns in den vergangenen Monaten beschäftigt.

Ein kurzer Rückblick

Zu Beginn des Online-Seminars haben wir an zwei Tagen digitale Rundgänge über das Gelände (mit großer Unterstützung seitens der Kolleg:innen der Pädagogischen Dienste in Sachsenhausen und Ravensbrück) durchgeführt. Die Kolleg:innen in den verschiedenen Abteilungen haben die Sammlungen und ihre Besonderheiten vorgestellt und die Teilnehmer*innen konnten einen ersten Eindruck gewinnen – nicht nur von der Gedenkstätte und den Sammlungen, sondern auch den Fragestellungen und Arbeitsweisen der Mitarbeiter*innen. Persönlich fand ich es auch sehr bereichernd, die Perspektiven meiner Kolleg:innen auf ihre Arbeit und die Gedenkstätte noch einmal aus einer anderen Rolle (diesmal Ko-Seminarleiterin) kennenzulernen.

Im November und Dezember gab es auch kleine Zeitfenster, in denen Studierende auch vor Ort mit umfassenden Vorsichtsmaßnahmen in den Gedenkstätten recherchieren konnten. In verschiedenen Sitzungen haben sich die Studierenden dann mit uns im Plenum und selbstständig in Kleingruppen mit wissenschaftlicher Literatur auseinandergesetzt. So sind wir über die Mehrdeutigkeit der Dinge und Artefakte aus Konzentrationslagern gesprochen. Wie auch über das Kuratieren von Ausstellungen und nicht zuletzt über die Darstellung von Objektbiografien und sind so in einen intensiven Austausch gekommen.

Der Zugang zu den Objekten selbst war häufig nur über Fotografien, Datenbankauszüge oder Beschreibungen durch andere möglich. Was bedeutet dies für das Schreiben über Artefakte aus Konzentrationslager? Wieviel Hintergrundinformationen sind notwendig? Wie „nah“ kann eine den Biografien der Hersteller*innen kommen? Diese Fragen beschäftigten uns alle im Laufe des Semesters. Deutlich wurde z.B., dass es für jedes Objekt unterschiedliche Erzählweisen gab und gibt.

Verschiedene Artefakte aus den Sammlungen

Ausgewählte Objekte aus den Sammlungen MGR/GuMS

Nun haben die 30 Teilnehmer*innen ihre Ergebnisse vorgestellt und ich freue mich sehr, dass wir in den kommenden Wochen verschiedene Texte und Audiobeiträge über ausgewählte Objekte, Reflektionen über das Recherchieren und Annäherungen an Biografien von ehemaligen Häftlingen aus den Konzentrationslagerkomplexen Ravensbrück und Sachsenhausen hier vorstellen können. Alle weiteren Forschungsergebnisse werden sukzessive in die Datenbank des Forschungsprojekts eingepflegt. Voraussichtlich im September 2021 werden sie auch als Teil der Open-Access Datenbank zugänglich gemacht.

 

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