Miniatur-Pantoffeln: Unter der Lupe der Restaurator*innen

Baumwollfasergewebe

Mikroskopaufnahme, 200fach vergrößert

Um ein Objekt zu begreifen kann es gezeichnet, fotografiert und mit Worten beschrieben werden. Hintergrundinformationen werden dann gesucht und all dies in einer Dokumentation zusammengefasst. Diese Schritte erlauben es, die Geschichte der Artefakte auf verschiedenen Ebenen zu betrachten.

Unter die Lupe genommen wurde ein Miniaturen-Pantoffelpaar aus der Sammlung der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück. Es soll während der Inhaftierung im KZ-Ravensbrück hergestellt worden sein und kam als Schenkung zum Konvolut (1).

Die Herstellungstechnik und die Informationen, die uns die benutzen Materialien bieten, wurden mittels optischer Verfahren untersucht. Durch makrofotografische Aufnahmen können die Gewebearten erkannt werden. Das Hauptgewebe des Pantoffelpaares kann man in der Abbildung gut betrachten. Das in der Vergrößerung erkennbare Gewebemuster nennt sich Köperbindung und wird auch Fischgrat oder Spitzgrat genannt (2).  Dass das flächige, rote und blaue Muster auf dem Schuhpaar in einem Druckverfahren aufgebracht wurde, kann man in den Abbildungen daran erkennen, dass die Begrenzung der roten Farbfläche nicht abhängig vom Verlauf der Fäden des Gewebes ist. Um noch weiter ins Detail zu gehen, wurden einzelne feine Fasern einem Faden entnommen, 200fach vergrößert und mikroskopisch betrachtet. Sie bieten Rückschlüsse auf die Herstellung und den Materialursprung des Textils. So ist es möglich, das Garn nach seiner Herkunft aus der Pflanze, hier der Baumwolle, einem Samenhaar, einzuordnen.

Ist das gedruckte Muster bekannt, lässt es sich woanders wiederfinden? Dies sind weiterführende Fragen deren Beantwortung mehr über den Entstehungsprozess und die Herkunft verraten könnten. Bisher lässt sich nur sagen, dass es sich um ein Kompositobjekt aus mindestens vier verschiedenen Garnmaterialien handelt, die ebenfalls aus vier verschiedenen Quellen stammen könnten. Zumindest bei dem Hauptmaterial der Schuhe kann von einem industriell verarbeiteten Baumwollmaterial ausgegangen werden. Eine durch den Stoffbedruck blau gewordene Faser dieses Gewebes kann man in der Abbildung links betrachten. Diese weist die für Baumwolle typische Drehung (3) und Verdickungen im Randbereich auf (4). Das Gewebe ist maschinell erstellt und das lässt sich auch von dem Druck vermuten. Ob es sich bei dem Obermaterial der Bommel ebenfalls um ein Gewebe handelt kann nicht klar erkannt werden. Auch die ausstaffierenden Polstermaterialien oder Versteifungsmaterialien im Bereich der Sohlen bilden weitere Materialkomponenten, die hier nicht weiter untersucht werden konnten. Die zwei weiteren Faserqualitäten, zum Einen die des Bommelgewebes und zum Anderen die der Kordel, konnten im Rahmen dieses Projektes nicht näher bestimmt werden.

Nahaufnahme des Gewebes

(1) Miniatur-Pantoffeln | vermutlich 1939/40 | Textil, Garn | Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, V535 D2.
(2) Annemarie Seiler-Baldinger, Systematik der Textilen Techniken, Basel 1973, S. 72f., (Abb. 102).
(3) Julius Wiesner, Die Rohstoffe des Pflanzenreiches. Versuch einer technischen Rohstofflehre des Pflanzenreiches, Leipzig 1903, S. 245.
(4) Paul-August Koch, Mikroskopie der Faserstoffe, Teildruck T 13 aus: Handbuch für Textilingenieure und Textilpraktiker, Wuppertal-Barmen 1951 (Abb. 33+34).

Zur Autorin
Bele Jenke studiert seit April 2017 im Masterstudiengang Konservierung und Restaurierung, mit dem Schwerpunkt Moderne Materialien und Industrielles Kulturgut, an der HTW Berlin. Im Rahmen einer Projektarbeit wurden die hier beschriebenen Miniatur-Pantoffeln von ihr untersucht. Der vorliegende Text soll einen Einblick in diese Arbeit gewähren.

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