Das Armband des Marcel Suillerot

Völlig überrascht zeigte sich Marcel Suillerot als er sein Armband 65 Jahre nach dessen Herstellung bei der Eröffnung einer neuen Dauerausstellung in der Gedenkstätte Sachsenhausen wiederentdeckte. Nach so langer Zeit hatte er nicht mehr daran gedacht, dass es noch existieren könnte. Doch er stellte es selbst her – im Februar 1943, als Häftling im Oranienburger Außenlager bei der Ernst Heinkel-Flugzeugwerke AG, für die er Zwangsarbeit leistete.

Ende 1941 war der Franzose als Mitglied einer Widerstandsgruppe von der französischen Polizei festgenommen worden. Ein Sondertribunal der französischen Justiz verhängte eine einjährige Haftstrafe wegen des Verteilens von Flugblättern gegen den 18-Jährigen. Nach Strafverbüßung wurde der Franzose zunächst in das Transitlager Compiègne-Royallieu verlegt, von dort im Januar 1943 als politischer Häftling in das Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert und nach kurzer Zeit in das Außenlager Heinkel verlegt. Dort war er in der Produktion von Schleudersitzen für den Bomber vom Typ He 177 eingesetzt. Heimlich besorgter er sich die für das Armband notwendigen Materialien: einen Lederriemen, Nieten, ein Messingschild, bei dem es sich um ein vorgefertigtes Typenschild gehandelt haben könnte. Die Messingplatte versah er wahrscheinlich mittels Schlagbuchstaben mit seiner Häftlingsnummer, seinem Namen und seinem Geburtsdatum und nietete es auf ein Lederarmband, zu dem er auch eine Schnalle anfertigte. „Ich wollte einen persönlichen Gegenstand. Für mich war das auch ein Akt der Sabotage. Die Nazis wollten mich zu einer Nummer machen. Dem wollte ich etwas Persönliches entgegensetzen”, so der Franzose im Jahr 2008. Trotz Verbots trug er das Armband im Lager stets versteckt unter seiner Häftlingskleidung, ließ es bei drohenden Filzungen auf den Boden fallen und verscharte es im Sand. Im April 1944 erkrankte Suillerot an Diphterie und wurde in das Krankenrevier des Stammlagers gebracht. Nach seiner Erinnerung nahm ihm das Armband ein dort eingesetzter Häftling bei der Einlieferung ab.
Marcel Suillerot wurde bis zum Februar 1945 bei Heinkel eingesetzt und dann in das Stammlager zurückverlegt, wo er in den letzten Monaten im Kommando „Kraftfahrzeugdepot Wald“ tätig war. Auch den Evakuierungsmarsch, auf den die SS die Häftlinge am 21. April 1945 zwang, überstand der Franzose. Am 4. Mai erlebte er seine Befreiung in einem Dorf in der Nähe von Schwerin.

Das Armband gelangte, so ergab ein Archivfund im Rahmen des Projekts, gemeinsam mit zwei weiteren Objekten Marcel Suillerots bereits 1961 durch den französischen Überlebendenverband Amicale Oranienburg-Sachsenhausen in den Besitz der damailigen Natinoalen Mahn- und Gedenkstätte Sachsenhausen. Dies spräche dafür, dass der Franzose es nach seinem Krankenrevier-Aufenthalt 1944 entgegen seiner Jahrzehnte späteren Erinnerung möglicherweise doch zurückerhielt.

Armband | Februar 1943 | Leder, Metall (Messing)
Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen, III 176

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